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ZEMA - Detailansicht für Ereignis vom 17.05.2006

Bezeichnung 0606 (2006-05-17 Freisetzung von Mercaptan in einer Raffinerie)
Einstufung des Ereignisses Einstufung Anhang VI Teil1: I 2e
Ereignisdatum 17.05.2006

Anlagedaten

Anlagenart Anlagen zur Destillation oder Raffination oder sonstigen Weiterverarbeitung von Erdöl oder Erdölerzeugnissen (4.4-1)
betroffener Anlagenteil Hochvakuumanlage / Teilanlage der Konversionsanlage
Postleitzahl 50997
Ort des Ereignisses Köln
Bundesland / Land: Nordrhein-Westfalen

Ereignisdaten

Art des Ereignisses Freisetzung (Luft)
Datum / Zeit 17.05.2006 07:15 bis 17.05.2006 08:00
Ursache (Kategorie) chemische Reaktion
Betriebsvorgang außer Betrieb

Beteiligte Stoffe

Stoffe CAS-Nr. Anhang 1 Nummer neu Stoffmenge in kg
Kat.: Sehr giftig
Mercaptanhaltiges Wasser - Vakuumkondensat (die aufgetretenen Auswirkungen wurden offensichtlich durch geruchsintensive H2S und schwefelorganische Komponenten verursacht) Freigesetzter Stoff (Luft)
01

Auswirkungen innerhalb der Anlage

Verletzte Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0
Tote Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0
Art der Sachschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Sachschäden
Art der Umweltschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Umweltschäden

Auswirkungen ausserhalb der Anlage

Verletzte Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0 Bevölkerung: 3
Tote Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0 Bevölkerung: 0
Sonstige Beeintr.: starke Geruchsbelästigung >1 Stunde, >100 betroffene Personen
Art der Sachschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Sachschäden
Art der Umweltschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Umweltschäden

Beschreibung des Ereignisses

Beschreibung des Ereignisses Bedingungen:
Normalbetrieb / Anlagenteil war zu Revisionszwecken außer Betrieb genommen worden

Auslöser:
Bei der Demontage einer Vakuumkondensatleitung ist mercaptanhaltiges Wasser ausgetreten.

07.00 Uhr: Ein Mitarbeiter einer Fremdfirma löste zunächst den Flansch der zu demontierenden Leitung unterhalb eines Behälters an einem Schieber vor einer Pumpe. Aus dem gelösten Flansch trat wenig Flüssigkeit aus.
07.15 Uhr: Danach öffnete der Mitarbeiter den oberen Flansch an dem Behälter. Aus dem oberen Flansch trat vermehrt Flüssigkeit aus. Von Mitarbeitern wurde durch die ausgetretene Flüssigkeit Geruch festgestellt. Die im Nahbereich der Anlage installierten Gaswarngeräte, sowie die persönlichen H2S-Warngeräte der in dem betroffenen Bereich beschäftigten Mitarbeiter sprachen nicht an.
07.25 Uhr: Der Betriebsschichtleiter informierte die Konversions-Messwarte über Geruchsbeschwerden.
07.35 Uhr: Die Flansche wurden auf Anweisung des Bereichsleiters wieder verschlossen. Die Leckage wurde aus den Feuerlöschmonitoren mit einem Wasserschleier beaufschlagt.
08.00 Uhr: Die Leckage wurde gereinigt.

Drei Kinder einer Realschule wurden wegen Befindlichkeitsstörungen und bestehender Vorerkrankungen der Atemwege länger als 24 Stunden im Krankenhaus behandelt.

Sicherheitsfunktion:
Vor Ort, jedoch nicht in angrenzende Bereiche wurde eine Geruchsbelästigung festgestellt. Gaswarngeräte sprachen nicht an.

Die Flüssigkeit konnte nur bei einem Flüssigkeitstand in dem Behälter austreten, der oberhalb des Behälterstutzens lag, an dem die Leitung angeflanscht war. Es lässt sich nicht abschließend klären, ob die Flüssigkeit bereits anstand, als der Flansch geöffnet wurde, oder ob die Flüssigkeit aus dem kommunizierenden Behälter in einen zweiten Behälter nachgelaufen war und dadurch der Flüssigkeitsstand in dem ersten Behälter nach dem Ablassen wieder erhöht wurde.
Das Nachlaufen von Flüssigkeit aus dem Behälter war aufgrund der stofflichen und apparatetechnischen Gegebenheiten möglich. Das hat die sachverständige Untersuchung ergeben.

Der Flüssigkeitsstand konnte an Standsanzeigen (Schaugläser) ermittelt werden. Die Füllstandsanzeigen funktionierten nach den Ermittlungen des Sachverständigen.
Für die Durchführung der Arbeit durch die Fremdfirma lag eine Dauerarbeitserlaubnis mit Einzelfreigabe vor.

Nach den vorgelegten Unterlagen war die zu demontierende Leitung gespült worden.

Notfallmaßnahmen

Beschreibung der Notfallmaßnahmen Ergriffene Schutzmaßnahmen:
Innerhalb des Betriebsbereiches wurde gemäß Störungsbeschreibung der Produktaustritt am Flansch mit einem Wasserschleier beaufschlagt und der Flansch wieder verschlossen.

Außerhalb des Betriebsbereiches keine Maßnahmen.

Externe Gefahrenabwehrkräfte:
Feuerwehr warnte großflächig die Bevölkerung und aktivierte ihre Einsatz- und Rettungskräfte.

- Schließen von Fenster und Türen
Schule wurde evakuiert.

Schlussfolgerung

Beschreibung der Schlussfolgerung Vorkehrungen zur Vermeidung:
Gemäß dem Sachverständigenbericht kam es bei der Außerbetriebnahme durch Erstarren langkettiger (Waxy-Pfropfen) zur Verstopfung der Bohrungen beim Lochblech des ersten Behälters. Dadurch stellten sich beim Ablassen von Spülwasser aus dem kommunizierend verbundenen zweiten Behälter unterschiedliche Flüssigkeitsspiegel vor und hinter dem Lochblech ein. Durch unterschiedliche Druckzustände wurde eine unbestimmte Anzahl von Waxy-Pfropfen gelöst und über das kommunizierende System kam es zum Flüssigkeitsanstieg im zweiten Behälter und das mercaptanhaltige Spülwasser trat aus einem Stutzen des zweiten Behälters aus.
Zur Vermeidung des gleichen Vorfalls wird als technische Maßnahme bei der Abstellung der Anlage im Jahr 2010 ein Schlitz im Lochblech des ersten Behälters angefertigt. Gleiche Konfigurationen wie bei den beiden Behältern liegen in der Raffinerie nicht vor.
Organisatorisch wurde die Spülprozedur überprüft, eine Checkliste erstellt sowie eine Betriebsanweisung für Vakuumkondensat mit dem Hinweis auf mercaptanhaltige Kohlenwasserstoffe erstellt.

Vorkehrungen zur Begrenzung:
Zur Verbesserung der Meldekette wurden folgende Maßnahmen festgelegt, die als Änderung im Alarm- und Gefahrenplan aufgenommen wurden:

- Möglichkeit der Durchführung von D-Meldungen durch den Einsatzleiter der Werkfeuerwehr ohne Rücksprache mit dem BSL.
- Im Einsatzfall Prüfung durch den BSL und Notfallmanagerteam ob die erforderliche D-Meldung abgegeben wurde.

Weiterhin werden die Betriebe zur schnelleren Ursachenermittlung bei Nachbarschaftsbeschwerden über die Rundspruchanlagen informiert bzw. befragt. Spätestens nach 5 Nachbarschaftsbeschwerden wird das Notfallmanagerteam einberufen. Zur Unterstützung des BSL können auf Anforderung Kontrollfahrten durch die Werkfeuerwehr und QHSE (im Tagdienst) durchgeführt werden.
Presseerklärungen sollen bereits nach 1 Std. abgegeben werden.

ausgewertete Unterlagen

ausgewertete Unterlagen Mitteilung nach § 19 Abs. 2 Störfall-Verordnung; Stellungnahme des Staatlichen Umweltamtes
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