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ZEMA - Detailansicht für Ereignis vom 01.02.2012

Bezeichnung 2012-02-01 Freisetzung von Kerosin an einem Lagertank
Einstufung des Ereignisses Einstufung Anhang VI Teil1: III
Ereignisdatum 01.02.2012

Anlagedaten

Anlagenart Anlage zur Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 50000 Tonnen oder mehr (9.2)
betroffener Anlagenteil Unterirdische Verbindungsleitung XV7 für Flugturbinenkraftstoff zwischen dem Aufpunkt am Werks-Tanklager und dem Außentanklager
Postleitzahl 50389
Ort des Ereignisses Wesseling
Bundesland / Land: Nordrhein-Westfalen
Betreiber: Shell Deutschland Oil GmbH

Ereignisdaten

Art des Ereignisses Freisetzung (Boden), Freisetzung (Wasser)
Datum / Zeit 01.02.2012 00:00 bis 26.02.2012 00:00
Ursache (Kategorie) Korrosion
Betriebsvorgang Umschlag ( Verladung )

Beteiligte Stoffe

Stoffe CAS-Nr. Anhang 1 Nummer neu Stoffmenge in kg
Kerosine (einschließlich Flugturbinenkraftstoffe)
Jet A-1 (8008-20-6) Freigesetzter Stoff (Boden)
13.2 846000,0

Auswirkungen innerhalb der Anlage

Verletzte Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0
Tote Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0
Art der Sachschäden Ja Kosten: 25000 €
Art der Sachschäden Reparatur des schadhaften Rohrleitungsabschnitts.
Art der Umweltschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Umweltschäden

Auswirkungen ausserhalb der Anlage

Verletzte Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0 Bevölkerung: 0
Tote Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0 Bevölkerung: 0
Art der Sachschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Sachschäden
Art der Umweltschäden Ja Kosten: 5800000 €
Art der Umweltschäden Boden- und Grundwasserverunreinigung

Beschreibung des Ereignisses

Beschreibung des Ereignisses Bedingungen:
Füllbetrieb eines Lagertanks über eine Verbindungsleitung.

Auslöser:
Im Jahr 1962 wurde für die sogenannte Nordtrasse mit unterirdischen Verbindungsleitungen ein kathodisches Korrosionsschutzsystem (KKS-System) installiert. An dieses System wurde die bereits bestehende Leitung XV7 angeschlossen.

Im Jahr 1996 wurde für das Tanklager ein lokales kathodisches Korrosionsschutzsystem (LKS-System) installiert. Durch dieses System wurden die Leitungen und Tanks innerhalb des Tanklagers sowie eine bereits bestehende unterirdische Wasserleitung geschützt, die das Tanklager verlässt und die Nordtrasse kreuzt. Mit Installation des LKS-Systems waren an der späteren Leckagestelle somit zwei Systeme mit unterschiedlichen Schutzpotentialen installiert.

Die Untersuchung des Schadens ergab, dass die Korrosionsschutzschichten der Leitung XV7 und der Wasserleitung beschädigt waren, wodurch eine Beeinflussung beider Systeme an der Schadenstelle ermöglicht wurde und es zur Korrosion kam, die Anfang Februar 2012 zur Leckage führte.
Auf dem Grundwasser bildete sich eine Kerosinschicht aus, die sich in Fließrichtung auf einer Fläche von ca. 40.000 m² ausgebildet hat.

Sicherheitsfunktion:
Der Alarmwert der vorhandenen Leckageüberwachung von 5 m³/h wurde nicht erreicht.
Nach dem Befüllvorgang führt die Abkühlung des Produktes regulär zu einer Volumenkontraktion, d.h. der Füllstand sinkt geringfügig. Das Betriebspersonal bemerkte im vorliegenden Fall nach dem Befüllvorgang eine stärkere Abnahme als aufgrund der Abkühlung erfahrungsgemäß erwartet wurde (Differenzialvergleich von Daten aus dem Prozessleitsystem).
Zur Klärung der o. g. Auffälligkeit wurde die Leitung außer Betrieb genommen und einer betrieblichen Druckprobe unterzogen. Nachdem diese negativ ausfiel, wurde die Leitung entleert, mit Stickstoff gespült und einer akustischen Leckortung unterzogen, die eine Leckagestelle anzeigte. Nach Freilegung des entsprechenden Leitungsstücks wurde ein ca. 5 x 18 mm großes Loch identifiziert.

Durch Außenkorrosion kam es zur Leckage an der Rohrleitung XV7.
Diese Außenkorrosion ist auf einen lokalen, den kathodischen Korrosionsschutz störenden äußeren Eingriff zurückzuführen. Als ein solcher Eingriff ist die Verlegung der vorgefundenen, die Rohrleitung XV7 kreuzenden Wasserleitung anzusehen. Diese Leitung ist nicht in das kathodische Korrosionsschutzsystem der Trassenleitungen eingebunden, sondern ist mit der LKS-Anlage des Tanklagers verbunden, deren Schutzpotentiale nicht mit der KKS-Anlage korreliert sind. Da im Annäherungsbereich beide Leitungen Beschädigungen an ihren Isolierungen aufwiesen, kam es zwischen den sich auf unterschiedlichem Spannungsniveau befindenden, unisolierten Stellen der Rohrkörper zu einem Stromfluss, der zum Materialabtrag an der sich auf dem positiveren Potential befindlichen Rohrleitung XV7 führte.

Die Voraussetzung für das Eintreten des Schadensereignisses war das gleichzeitige Auftreten von vier Fehlern:
1. Schaden an der Isolierung der Rohrleitung XV7.
2. Schaden an der Isolierung der Wasserleitung im Nahbereich der Leitung XV7.
3. Kreuzende Leitung (Wasserleitung) mit Anschluss an das LKS-System.
4. Hohe Potentialabsenkung der Wasserleitung durch das LKS-System gegenüber der durch das KKS-System geschützten Rohrleitung XV7.

Ähnliche Ereignisse:
keine

Notfallmaßnahmen

Beschreibung der Notfallmaßnahmen Ergriffene Schutzmaßnahmen:
Bodenaushub im Bereich der Eintragstelle. Der kontaminierte Boden wurde weiträumig ausgehoben. Insgesamt wurden 608,9 t Boden ausgehoben, wobei dies auch nichtbelasteten Boden beinhaltet. Die auf dem Grundwasser aufschwimmende Kerosinphase wurde durch die Errichtung von 35 Grundwassermessstellen und vier Sanierungsbrunnen eingegrenzt. Der Sanierungsbrunnen im Schadenszentrum ist seit dem 27.07.2012 in Betrieb. Zusätzlich wurden bis Ende Januar 2013 drei weitere Sanierungsbrunnen zur Erfassung der Kontaminationsfahne im Grundwasser errichtet und sukzessive in Betrieb genommen. Die Grundwassersanierung wird seit April 2013 durch weitere in situ-Sanierungsmaßnahmen unterstützt (Bodenluftabsaugung, Bioventing, horizontale und vertikale Bodenbelüftung).
Der Sanierungsfortschritt wird gutachterlieh überwacht. Bei Bedarf wird das Sanierungsverfahren in Abstimmung mit den zuständigen Behörden optimiert.

Beseitigte Sachschäden:
Ersatz des schadhaften Rohrleitungsstückes.

Schlussfolgerung

Beschreibung der Schlussfolgerung Vorkehrungen zur Vermeidung:
Die Rohrleitung XV7 wird auch nach erfolgter Reparatur nicht weiter betrieben.
Mittelfristig wird das gesamte, aus weiteren acht Rohrleitungen bestehende Leitungsbündel (Nordtrasse) zwischen dem Tankfeld und den Raffinerieanlagen erneuert. Die neuen Rohrleitungen werden oberirdisch verlegt.
Alle acht weiter betriebenen Verbindungsleitungen der Nordtrasse wurden zur Sicherstellung des Weiterbetriebs einer Lebensdauerabschätzung mittels Molchung unterzogen.

Bis zum oberirdischen Neubau werden die acht Rohrleitungen in der Nordtrasse entsprechend den Vorgaben der neuen Arbeitsanweisung zur Prüfung von unterirdischen oder teilweise unterirdischen Rohrleitungen außerhalb des Werksgeländes wiederkehrend geprüft. Ferner wird die Wirksamkeit des KKS-Systems jährlich geprüft.

Um eine wirksame Trennung zwischen den Korrosionsschutzsystemen für das Tanklager (LKS) und den Rohrleitungen der Trasse (KKS) zu erreichen, wurden die Rohrleitungen der Trasse durch Isolierstücke elektrisch vom Einflussbereich der LKS Anlage getrennt.
Durch Einbau von beidseitigen Messproben und Bezugselektroden im Bereich der Isolierkupplungen können Änderungen an den KKS- oder LKS-Systemen sofort erkannt werden.

Der im Einflussbereich des LKS des Tanklagers liegende Bereich des KKS-Systems der Nordtrasse wurde hinsichtlich des elektrischen Schutzpotentials per Diodenschaltung an die Schutzanlage des LKS-Systems angepasst.
Es wurden KKS-Intensivmessungen der Nordtrasse sowie des Tankfelds durchgeführt und entsprechende Prüfberichte erstellt. Die Sachverständigenprüfungen der Kathodenschutzsysteme der Nordtrasse und des Tankfelds sind Ende Oktober 2014 abgeschlossen worden.

Änderungen oder Eingriffe an den Schutzanlagen (KKS- und LKS-Anlage) oder den kathodisch geschützten Rohrleitungen dürfen zukünftig nur nach Rücksprache und mit Genehmigung der zuständigen Fachabteilung durchgeführt werden. Zur Abnahme der Änderungen wird ein Sachverständiger hinzugezogen. Die organisatorischen Änderungen werden im Sicherheitsmanagementsystem dokumentiert.

Das Leckerkennungssystem der Nordtrasse wurde ertüchtigt und neu kalibriert.
Des Weiteren werden folgende Prüfungen durchgeführt:
- Quartalsweise Durchführung betrieblicher Dichtheitsprüfungen an allen Produktrohrleitungen in der Nordtrasse.
- Jährliche Dichtheitsprüfung durch einen VAwS-Sachverständigen.

Vorkehrungen zur Begrenzung:
Es wurde eingeführt, dass die Leitungen der Trasse in den Förderpausen eingeblockt werden.

ausgewertete Unterlagen

ausgewertete Unterlagen Mitteilung nach § 19 Abs. 2 Störfall-Verordnung
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