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ZEMA - Detailansicht für Ereignis vom 23.07.2010

Bezeichnung 2010-07-23 Chlorfreisetzung in einem Chemiehandelsunternehmen
Einstufung des Ereignisses Einstufung Anhang VI Teil1: III
Ereignisdatum 23.07.2010

Anlagedaten

Anlagenart Umschlag von anorganisch festen und flüssigen Chemikalien.
betroffener Anlagenteil Tankwagenspüle im Hallenbereich
Postleitzahl 71679
Ort des Ereignisses Asperg
Bundesland / Land: Baden-Württemberg
Betreiber: LU GmbH & Co.KG

Ereignisdaten

Art des Ereignisses Freisetzung (Luft)
Datum / Zeit 23.07.2010 14:00 bis 23.07.2010 00:00
Ursache (Kategorie) Systemfehler / Auslegung
Betriebsvorgang Umschlag ( Verladung )

Beteiligte Stoffe

Stoffe CAS-Nr. Anhang 1 Nummer neu Stoffmenge in kg
Chlor
Freigesetzter Stoff (Luft)
7782-50-5 2.16 2,30
Kat.: Umweltgefährlich (R50, 50/53), in Verbindung mit dem Gefahrenhinweis R 50 oder R 50/53
Natronbleichlauge (7681-52-9) Auslösender Stoff
9a 35,00

Auswirkungen innerhalb der Anlage

Verletzte Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0
Tote Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0
Sonstige Beeintr.: 3 Personen hatten eine kurzfristige Reizung der Atemwege und Schleimhäute bis zum Verlassen des Arbeitsbereiches.
Art der Sachschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Sachschäden
Art der Umweltschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Umweltschäden

Auswirkungen ausserhalb der Anlage

Verletzte Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0 Bevölkerung: 0
Tote Beschäftigte: 0 Einsatzkräfte: 0 Bevölkerung: 0
Art der Sachschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Sachschäden
Art der Umweltschäden Nein Kosten: 0 €
Art der Umweltschäden

Beschreibung des Ereignisses

Beschreibung des Ereignisses Bedingungen:
Reguläre Förderpumpe defekt, provisorische Pumpe montiert.

Auslöser:
Am 23.07.2010 wurde ein Mitarbeiter des Chemiehandelsunternehmen angewiesen, ein 65 kg-Gebinde Natronbleichlauge in ein Sammelbecken für Bleichlauge zu entsorgen. Grund hierfür war die abgenommene Konzentration an freiem Chlor und daher nicht mehr korrekte Spezifikation. Das Gebinde wurde von Hand in das Becken entleert. Nach Firmenangaben befanden sich somit 65 kg Bleichauge (7,5 %) im Becken.

Zu einem späteren Zeitpunkt kam es zum Überfüllen eines benachbarten Sammelbeckens für Säuren/Laugen. Grund hierfür war die nicht ausreichende Förderkapazität einer Ersatzpumpe. Diese reichte nicht aus, um die an diesem Tag anfallenden Tank-Spülwässer aufzufangen. Die überlaufende Flüssigkeit lief direkt über die Beckenkante in das Bleichlaugebecken. Dort kam es zu einer Reaktion zwischen der sauren Flüssigkeit und der Bleichlauge und dadurch zur Bildung und Freisetzung von Chlor. Stöchiometrische Berechnungen ergeben eine maximal gebildete Chlormenge von 2,3 kg Chlor.

Sicherheitsfunktion:
Die Chlorfreisetzung wurde von Mitarbeitern in der Halle bemerkt.
Der für den Abfüllbereich zuständige Mitarbeiter hat daraufhin mit Atemschutzmaske ein 65 kg-Gebinde Natronlauge in das Becken entleert und hiermit versucht die Chlorbildung zu stoppen.
Die freigesetzte Chlormenge wurde über die Hallenlüftung verdünnt und ins Freie geleitet. Alle Beschäftigten in der Halle wiesen nach Firmenangaben keine Symptome auf, die eine ärztliche Behandlung/Kontrolle erforderlich gemacht hatten.

Ursache:
Die Förderpumpe des Tankwagen-Säurespülbeckens war defekt und durch eine provisorische Pumpe ersetzt worden. Durch vermehrte Tankwagenspülvorgänge kam es zu einer Überfüllung des Beckens. Durch die ungünstige Anordnung der Becken und den Überlauf des Säurebeckens in das Chlorbleichlaugebecken reagierte die Säure mit der Chlorbleichlauge und es wurde Chlorgas freigesetzt.

Sicherheitsrelevante Änderung einer Anlage (Austausch der defekten stationären Pumpe gegen eine provisorische mobile Pumpe mit geringerer Leistung).

Ähnliche Ereignisse:
Freisetzung von Chlor in einer Chemielogistikfirma (Umfüllvorgang von Lastwagen in Tank) - 05.10.2007 in Frankfurt (kein meldepflichtiges Ereignis)

Notfallmaßnahmen

Beschreibung der Notfallmaßnahmen Ergriffene Schutzmaßnahmen:
Zur Neutralisation der Säure wurde Lauge zugegeben, die Gaswolke mit Wasser niedergeschlagen.
Die Lösung wurde zur Vernichtung in den entsprechenden Behälter der Standentgiftung gepumpt.

Schlussfolgerung

Beschreibung der Schlussfolgerung Vorkehrungen zur Vermeidung:
Altware Chlorbleichlauge wird nicht mehr über das Tankwagenspülbecken entsorgt.
Chlorbleichlauge - Spülwässer werden in einem separaten Behälter aufgefangen und der regulären Entsorgung zugeführt.

Hinweise und Erkenntnisse der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg:
Zu dem Ereignis konnte es kommen, weil das Änderungsmanagement für die sichere Durchführung von Änderungen (vgl. StörfallV Anhang III 3d) versagt hat oder nicht vorhanden bzw. implementiert war. Dies bedeutet auch, dass die Leistungsfähigkeit des Sicherheitsmanagementsystems (SMS) nicht ausreichend war und/oder eine regelmäßige Überprüfung der Leistungsfähigkeit des SMS nicht erfolgte.
Ein provisorischer Austausch einer stationären Pumpe durch eine mobile Pumpe erfordert vorab eine genaue Prüfung der Auswirkungen. So wären Leistungsfähigkeit der Pumpe oder Zuverlässigkeit der Pumpe hier systematisch zu betrachten gewesen.
Eine Ermittlung und Bewertung der Gefahren von Störfällen hat die Sammelbecken bisher praktisch ausgeklammert. Ein Grund hierfür ist, dass die Betriebs- bzw. Anlagenteile aufgrund der gehandhabten Stoffe und der geringen Stoffinhalte gemäß TAA-GS-20 bzw. KAS-1 nicht als sicherheitsbedeutsam eingestuft worden sind und daher im Sicherheitsbericht auch nicht beschrieben worden sind. Diese Praxis führt bei den Betreibern dazu, dass solche Bereiche durch ein Raster fallen und danach keine systematische Gefahrenermittlung- und Bewertung mehr erfolgt.

Vorkehrungen zur Begrenzung:
Überprüfung des Konzeptes.

ausgewertete Unterlagen

ausgewertete Unterlagen Mitteilung nach § 19 Abs. 2 Störfall-Verordnung; Stellungnahme des LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden Württemberg
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