AS-ER - Detailansicht für das Ereignis mit der Bam-Nr.: 10
Titel | Zerknall eines Rührreaktors |
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I. Anlagedaten
I.1 Anlagenkurzbeschreibung | Vielzweck-/Vielstoffanlage zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln. Die Herstellung erfolgte vorwiegend im Technikumsmaßstab, aber auch zu Produktionszwecken. |
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I.2 Anlagenart | Herstellung von Stoffen und Stoffgruppen durch chemische Umwandlung im industriellen Maßstab |
I.3 Wesentliche Rechtsgrundlagen | 12. BImSchV |
II. Ereignis
II.1 Art des Ereignisses | Explosion |
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II.2 Ereignisablauf | In den betroffenen Rührreaktor wurde zunächst anstt der vorgeschriebene Menge Pottasche die gleiche Menge Pottassium - Hydropxide (Ätzkali) eingefüllt. Anschließend wurde gemäß Betriebsanweisung in Dimethylsulfoxid gelöstes Chlornitrotoluol zugegeben. Danach erfolgte die Aktivierung des Rührers und eine Erwärmung des Kessels über eine Warmwasserbeheizung auf 90°C. Nachdem alle Betriebsparameter über längere Zeit im normalen Bereich blieben, stiegen die Temperatur und damit auch der Druck im Reaktor plötzlich steil an. Zur gleichen Zeit hörten 2 Mitarbeiter, die sich in der Nähe des Reaktors befanden, ein zischendes Geräusch und flüchteten in Richtung Brandschutztür. Im selben Moment zerknallte der Reaktor. Die Druckwelle erfasste die Mitarbeiter vor Erreichen der Brandschutztür und warf sie zu Boden. |
II.3 Gefahrenabwehr | Löscharbeiten der Werk- und öffentlichen Feuerwehr, Versorgung der Verletzten Absperrung der Umgebung des Werkes, Warnung/Information der Bevölkerung Immissionsmessungen des Sondereinsatzes des Landesumweltamtes |
II.4 Beteiligte Stoffe
Stoffe | CAS-Nr. | UN-Nr. | R-Satz |
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Dimethylsulfoxid | |||
2,5-Chlornitrotoluol | |||
Kaliumhydroxid |
II. weitere Daten
II.5 Datum | 1999 |
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II.6 Auswirkungen | 12 Verletzte, davon 2 stationär im Krankenhaus mit Trommelfellverletzungen. 91 Personen aus der Nachbarschaft mit Atemwegsbeschwerden und Schnittwunden Zerstörungen auf dem Betriebsgelände im Umkreis von 200 m durch Explosion und Brand. Beschädigungen an umliegenden Wohnhäusern, insbesondere durch Glasbruch |
III. Ursachenanalyse
III. 1 Unmittelbare Ursachen | Stoffverwechslung: Im Lager wurde Pottasche korrekt geordert und bereitgestellt. Der Gabelstaplerfahrer holte jedoch eine Palette mit Pottassium-Hydroxide (Ätzkali). Der zuständige Chemiefacharbeiter, dem die Verwechslung auffiel, meldete dies seinem Meister, der jedoch gesagt haben soll, dass alles korrekt sei. |
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III. 2 verdeckte Ursachen / Managementfehler | Die Erfahrungen aus dem analogen Störfall vom 22.02 1993 mit 1,2-Chlor-Nitrobenzol wurden nicht genutzt. |
IV. Schlussfolgerungen und Maßnahmen
IV. 1 Maßnahmen des Anlagenbetreibers | Einführung des nichthierarchischen Vier-Augen-Prinzips bei ähnlichen Anlagen Kein Wiederaufbau an dem Standort, sondern Integration der Anlage in eine neue Vielzweckanlage an einem günstigeren Standort (weit entfernte Wohnbebauung) |
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IV. 2 Maßnahmen der Behörde | Forderung, in genannter neuer Vielzweckanlage ein technisches Identifikationssystem mit technischer Verriegelung zu installieren |
V. Erkenntnisse und Empfehlungen der SFK
V. 1 Merkblätter |
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VI. Quellen
VI. Quellen | Bericht des StUA, Vermerk des LUA, Sondereinsatzbericht des LUA, Presse, Betreiber |
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VII. Deskriptoren
I Anlagentyp | Herstellung von Stoffen und Stoffgruppen durch chemische Umwandlung im industriellen Maßstab |
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Anlagenteil | Vielzweckanlage |
Komponente | Reaktor |
II Verfahren | semi batch Betrieb |
Betriebsvorgang | bestimmungsgemäßer Betrieb |
Betriebszustand | |
III unmittelbare Ursache | Stoffverwechselung |
verdeckte Ursache | organisatorischer Mangel |
unzureichende Überwachung | |
Managementfehler | Organisation und Personal |